Biolandhof Braun

Hofportrait: Familie Braun, Ackerbauern mit Leib, Seele und Geist bewirtschaften den Gemischtbetrieb in Freisingen in München. Sepp Braun hat ein grosses Ideenreichtum, wovon er schon einiges umsetzten konnte.

Der Biolandhof Braun liegt in Freising bei München. Die Familie Braun bewirtschaftet dort einen Gemischtbetrieb mit Kühen, Schweinen, Hühnern, Grünland, Wald und Ackerflächen, der sich seit 1988 an den organisch-biologischen Richtlinien von Bioland orientiert. Auf 17 ha Grünland wachsen Wiesenblumen und Kräuter zur Saatgutvermehrung sowie Kleegras für die Rinder. Auf den 38 ha Ackerland wird Getreide in Mischkultur und in einer 7-jährigen Fruchtfolge angebaut. Die Verwendung von Mischkulturen im Getreidebau hat verschiedene Gründe. Zum einen sorgen sie dafür, dass die Getreidekulturen weniger anfällig sind für Krankheiten, ausserdem beeinflussen sie die Nährwerte des Getreides positiv. Wenn Weizen wie bei Sepp Braun in einer lebendigen Pflanzengemeinschaft wachsen kann, ist zum Beispiel der Anteil an Salvestrolen um ein Vielfaches höher, wie Laboruntersuchungen gezeigt haben. Salvestrole, das haben Untersuchungen z.B. von Prof. Dan Burke ergeben, sind eine wirksame Antwort der Natur auf Krebs. Krebszellen sterben ab, wenn sie mit diesen Stoffen in Berührung kommen.

Sepp Braun sorgt dafür, dass seine Ackerflächen möglichst immer grün sind. Dadurch hat er kein Unkrautproblem mehr und brauchte seit 30 Jahren nicht mehr zu pflügen. Ein weiteres  Ergebnis dieser Form des Ackerbaus: Der Humusgehalt beträgt auf dem Acker 4,6% und liegt damit ähnlich hoch wie
auf den Wiesen (4,7%). Sepp Braun hat damit empirisch bewiesen, dass möglich ist, was viele bis heute für unmöglich halten: Man kann Ackerbau mit guten Erträgen betreiben und gleichzeitig Humus aufbauen, auch ohne Pestizide und künstlichen Stickstoffdünger. „In 30 Jahren haben wir auf unseren Äckern 3% Humus aufgebaut. Professor August Raggam hat ausgerechnet, dass wenn wir weltweit 2% mehr Humus aufbauen, dann hätten wir das CO2 aus der Luft komplett durch Humusaufbau
wieder im Boden gebunden. So einfach wäre das.“   

Sepp Braun ist davon überzeugt, dass er aufgrund seiner gewachsenen Erfahrung 3% Humus deutlich schneller aufbauen könnte, wenn er nochmal von vorn beginnen würde: „Inzwischen habe ich soviel dazugelernt, dass ich überzeugt bin, dass man 3% Humus auch in weniger als 30 Jahren aufbauen kann.“

Sepp Braun hat viele Ideen. Er spricht begeistert darüber und setzt sie ebenso begeistert um.

DSCN5899 Anna

So ist in den letzten 30 Jahren ein wertvoller Erfahrungsschatz entstanden, den er gern mit Fachkollegen teilt. Aber was macht den Mann aus, der sich so engagiert und leidenschaftlich für die Weiterentwicklung des nachhaltigen Landbaus einsetzt, sich immer wieder neue Fragen stellt und über den Tellerrand des eigenen Hofes hinausblickt und denkt?

Sepp Braun ist ein religiöser Mann. Aus seinem christlichen Hintergrund heraus lebt er im Bewusstsein, täglich mit der Schöpfung umzugehen. Deshalb ist ihm z.B. auch das Wohl der Tiere sehr wichtig. Er nennt sie Mitgeschöpfe und fordert von uns Menschen, dass wir uns für ihr Wesen interessieren, dass wir wesensgemäss mit ihnen umgehen, dass wir ihnen einen Lebensraum ermöglichen, der ihnen entspricht. Seine Kuhherde besteht aus 22 Milchkühen, einem Zuchtbullen und der Nachzucht. Was bedeutet es denn konkret, wesensgemäss mit Kühen umzugehen? Das beginnt für Sepp Braun mit der Ernährung.

Die Kühe bekommen ausschliesslich Heu und Gras vom Hof und Wasser. Das ist diejenige Nahrung, die sie von sich aus fressen würden. Auch die Schweine und Hühner fressen nur das, was auf dem Hof wächst und gedeiht. Der Hoforganismus ist also ein relativ geschlossener Kreislauf. Bei einer landwirtschaftlichen Praxis dieser Art kann sich schnell die Frage stellen, ob das wirtschaftlich tragfähig ist. Sepp Braun kann aus langjähriger praktischer Erfahrung sagen: „Kälberkrankheiten kennen wir schon seit über 20 Jahren nicht mehr. Das führt natürlich zu geringeren Kosten.“ Warum sind die Kälber so gesund?

DSCN5894 AnnaDie Kälber bleiben die ersten zwei Wochen bei der Mutter und kommen danach in einen speziellen Laufstall. „Drei bis vier Kälber, die wir zur Bestandsergänzung benötigen, kommen zu einer Ammenkuh, bei der sie das erste Jahr über bleiben dürfen“, so Sepp Braun. Auf diese Weise kann sich ihr Immunsystem gesund entwickeln. Die Schweine leben mit den Kühen zusammen im Kuhstall. Sie wirken vergnügt und neugierig und scheinen sich in der Umgebung ihrer deutlich grösseren und Hörner tragenden Mitbewohner sehr wohl zu fühlen. Oft spielen sie mit den Kälbern. Mit Begeisterung durchwühlen sie die Kuhfladen-Stroh-Mischung. „Schweine sollten ab und zu mal einen Kuhfladen fressen können, damit sie gesund bleiben“, meint
Sepp Braun. Auch dies ein Gedanke, der praktisch angewendet durchaus hilft, Kosten zu sparen.
Kühe und Schweine in einem Stall zu halten ist sehr ungewöhnlich, aber aus verschiedenen Gründen sinnvoll – auch aus wirtschaftlichen. Denn die Bau-
und Unterhaltskosten für einen eigenen
Schweinestall und die permanenten Kosten für das Ausmisten, all das fällt hier weg. Also auch diese Massnahme hilft Kosten zu senken. Letztlich träumt Sepp Braun von einem Stall, in dem Kühe, Schweine und Hühner zusammen gehalten werden können und der sich auch architektonisch noch viel stärker am Tierwohl orientiert. Die Fleischqualität der Kühe, Schweine und Hühner ist derart hoch, dass die Kunden dafür Preise zu zahlen bereit sind, die dieser Wirtschaftsweise entsprechen. Die Kunden verstehen, dass sich diese Art der Bewirtschaftung stark von konventioneller Landwirtschaft unterscheidet und die Produktqualität ungleich höher ist. Das Fleisch wird ausschliesslich über Direktvermarktung verkauft. Die Brauns betreiben zu diesem Zweck einen kleinen Bioladen in München. Können sich nur bessergestellte Verbraucher seine Produkte leisten? Sepp Braun beantwortet diese Frage klar mit nein. Der Kundenstamm ist in finanzieller Hinsicht durchwachsen.

Sepp Braun orientiert sich bei der Bodenentwicklung an bodenphysikalischen, bodenchemischen und  bodenbiologischen Gesichtspunkten. Der in der Wissenschaft oftmals geforderte interdisziplinäre Dialog wird bei ihm in der bäuerlichen Praxis praktisch angewendet. Der gute Zustand seiner Böden zeigt empirisch, dass sich Physik, Chemie und Biologie erfolgreich ergänzen können. Eine einseitig chemische Sichtweise hat im konventionellen Landbau die weit verbreitete Überzeugung entstehen lassen, man müsse durch künstliche Stickstoffdüngung die Pflanzen ernähren, um ausreichend Erträge erzielen zu können. Sepp Braun geht aus einem grundlegend anderen Verständnis heraus einen ganz anderen Weg:

„Die Pflanzenernährung wird über einen hochaktiven lebendigen Boden sichergestellt. Das bedeutet, wir ernähren nicht die Pflanzen, sondern füttern das Bodenleben“,

so Sepp Braun.

Um den Ernährungswünschen seiner Bodenbewohner, zu denen neben Würmern auch Asseln, Milben, Insekten, Mikroorganismen, Pilze, Algen u.a. gehören, bestmöglich entsprechen zu können, hat er zusammen mit seiner Tochter eine spezielle Kleegrasmischung entwickelt. Es ist der Versuch, eine Bergwiese nachzuahmen, das heisst durch die Vielfalt von Pflanzen, insbesondere auch von Heilpflanzen, die Gesundheit der Kühe zu steigern und gleichzeitig den Würmern zu geben, was sie gern haben. Die extrem hohe Regenwurmdichte von 300 Stück pro qm sowie die gute Gesundheit der Kühe beweist, dass die Brauns hierbei auf dem richtigen Weg sind.

Die fleissige Mithilfe der Erdreichbewohner ist aber noch aus einem anderen Grund sehr wichtig. Denn je lebendiger ein Boden ist, umso mehr Wasser kann er aufnehmen. Auf seinen Böden hat Sepp Braun in einem Versuch einmal 150 Liter Wasser in einer Stunde auf einem qm versickern lassen. Im Landkreis Passau sind vor einigen Jahren 170 Liter Wasser in einer Woche auf einem qm niedergegangen.

„… Wenn wir 2% Humus aufbauen und das auf allen Äckern der Erde gemacht wird,
dann hätten wir das CO2 aus der Luft
komplett durch Humusaufbau wieder im Boden gebunden …“

Die durch unsachgemässe Landwirtschaft verdichteten und zerstörten Böden im Landkreis Passau konnten auch in einer Woche nicht dieselbe Menge an Wasser aufnehmen, die Sepp Brauns Böden in etwas über einer Stunde aufnehmen können. Das hatte Folgen. Die Überschwemmungen in der Region verursachten Schäden in Höhe von 3 Mrd. Euro. Immer deutlicher zeigt sich ihm an solchen Beispielen, dass sich die Menschheit eine Landwirtschaft, die Böden zerstört, nicht mehr leisten kann, weil die Folgekosten einfach zu hoch sind. Abgesehen davon ist es gegenüber nachfolgenden Generationen unverantwortlich, die Böden derart zu versiegeln, dass die Grundwasservorräte nicht mehr aufgefüllt werden können.

Wer Sepp Braun zuhört, wird die Ernsthaftigkeit, mit der er seine Überlegungen vorträgt, kaum übersehen können.

Das Verantwortungsgefühl gegenüber der Schöpfung, aber auch gegenüber nachfolgenden Generationen scheint sein ständiger Begleiter zu sein. Ansteckend ist aber vor allem die Begeisterung, die sich bei ihm einstellt, wenn er der Natur in ihren weisheitsvollen Zusammenhängen wieder an einem Punkt auf die Spur gekommen ist und sich sofort fragt: „Was kann das für mich in meiner bäuerlichen Tätigkeit bedeuten und was bedeutet es für das grosse Ganze, in dem wir als Menschen leben?“

 MG 5525 Anna

Das Ineinanderwirken der verschiedenen Lebewesen und Organismen in der Natur ist komplex und nicht leicht zu durchschauen. Gras und Heu; das Futter für seine Kühe wird für Sepp Braun zum Ausgangspunkt, den Zusammenhang mit der Klimaerwärmung, den Nährstoffgehalten von Milch, der Gesundheit von Menschen bis hin zu deren Heizverhalten zu beleuchten: „Wenn man das Lebensalter der Milchkuhherde um ein Jahr verlängert, was in Deutschland kein Problem wäre, denn die Milchkühe werden hierzulande durchschnittlich mit 4,5 Jahren geschlachtet, was eigentlich ein Skandal ist, dann braucht man natürlich weniger Tiere für die Nachzucht. Was bedeutet das für das Klima? Pro Liter Milch würden dann 20% weniger Methan in die Atmosphäre steigen. Das geht aber noch weiter: An der ETH Zürich und in den USA laufen derzeit Fütterungsversuche, die beweisen, dass wenn man die Kühe wieder mit kräuterreichem Heu, also mit tanninhaltigen Futtermitteln ernährt, die Tannine dann dafür sorgen, dass die Methangasfüllung im Pansen noch einmal um 50% reduziert werden kann. Damit wird die Kuh vom Klimakiller zum Klimaschützer, weil wir dann nicht nur deutlich weniger Methangasausstoss haben, sondern statt auf dem Acker Mais oder Soya anzubauen jetzt Gras und Kräuter haben und somit über die Photosyntheseleistungen verstärkt Humus aufbauen können, wodurch CO2 aus der Atmosphäre im Boden gebunden wird. Wenn man die allein hier liegende Möglichkeit, das hier liegende Potenzial zum weltweiten Klimaschutz hochrechnet, kommt man zu dem Ergebnis, dass auf diese Weise schon ein Grossteil des die Klimaerwärmung verursachenden Kohlenstoffs wieder aus der Atmosphäre geholt und stabil im Boden gebunden werden kann. Aber das geht noch weiter. Die Milch von unseren Kühen, die nur Heu und Gras bekommen, haben wir untersuchen lassen. Sie weist einen Omega-3-Fettsäuregehalt auf, der um den Faktor 6 höher ist als in der konventionell erzeugten Milch. Prof. Jahreis aus Jena hat hochgerechnet, dass wenn alle Kühe diese ihnen wesensgemässe Ernährung geniessen könnten, dann würden ihre Milch und Milchprodukte in der menschlichen Ernährung wieder dafür sorgen können, dass die Herz-Kreislauferkrankungen signifikant zurückgehen. Eine vollwertige Ernährung mit diesen ungesättigten Fettsäuren führt ausserdem dazu, dass unser Temperaturempfinden sich verändert, und zwar so bedeutend, dass wir im Winter die Heizung um 2 Grad nach unten drehen könnten ohne das Gefühl zu haben, dass wir frieren. Das können mir besonders Frauen oft nicht glauben. Aber der Effekt wäre durchaus zu beobachten, sodass wir auf diesem Weg 15% Heizenergie einsparen könnten, nur weil wir Landwirtschaft anders machen“.

„Die Pflanzenernährung wird über einen hochaktiven lebendigen Boden sichergestellt.
Das bedeutet, wir ernähren nicht die Pflanzen, sondern füttern das Bodenleben“

Sepp Braun hat auf seinen Flächen in den letzten Jahren 50 000 Bäume gepflanzt. Auch diese Aktion hat gleich mehrere positive Effekte. Die Bäume liefern den Rohstoff für seine Holzvergasungsanlage, die den Hof mit Energie versorgt. Als Abfallprodukt entsteht Holzkohle, die auf den Feldern verteilt wird. Durch das Einarbeiten von Pflanzenkohle in den Boden kann zusätzlich CO2 langfristig im Boden gebunden werden, was dem Klimaschutz dient. Ausserdem erhöht sich durch die Pflanzenkohle im Boden die Wasserhaltekapazität signifikant, was in Zeiten häufiger auftretender Dürreperioden dabei hilft, die Ernteerträge zu sichern.

Was leisten die 50 000 gepflanzten Bäume sonst noch? Die Baumstreifen teilen die grösseren Flächen in kleinere Parzellen und bieten so einen Wind- und Erosionsschutz für die Ackerkulturen und düngen ihn in der kalten Jahreszeit mit ihrem Laub.

Darüber hinaus sind mit den Bäumen auch die Greifvögel auf die Felder von Sepp Braun zurückgekehrt, wodurch seither keine Probleme mit Mäusen mehr aufgetreten sind. Wenn man Sepp Braun zuhört, beleuchten seine Gedanken die grossen, globalen Zusammenhänge und kehren dann aber auch wieder zurück, um die regionalen Bezüge zu beleuchten: „Wenn wir unsere Landschaften wieder so gestalten, dass wir Ackerflächen mit Bäumen und Sträuchern vernetzen, dann wird sich auch wieder ein besseres regionales Klima entwickeln. Wasserforscher haben herausgefunden, dass eine gute Vernetzung dazu führt, dass das Wasser dann stärker in kleineren regionalen Kreisläufen zirkuliert, also in der Region bleibt und weniger stark in in den überregionalen und globalen Kreisläufen aufgeht, wo es sich, wie wir in den letzten Jahren verstärkt beobachten konnten, oft zu Naturgewalten zusammenballt, die sich in Naturkatastrophen entladen.

Die Trennung von Waldwirtschaft, Ackerbau und Gartenbau, die unsere Landschaften in den letzten Jahrzehnten stark geprägt hat, hält Sepp Braun für einen Irrweg, den wir schnellstens korrigieren sollten.

Viele Gründe sprechen für Sepp Braun dafür, dass die Zukunft der Landwirtschaft in Agroforst- und Permakultursystemen liegt, in einer Landwirtschaft, die mit der Natur arbeitet und nicht gegen sie.

Wir wünschen der Familie Braun viel Erfolg für die Zukunft und Sepp Braun, dass er noch viele seiner Ideen umsetzen kann und hierfür die nötige Unterstützung findet. Wir freuen uns darüber, dass sich Sepp Braun mit seiner Innovationskraft, seiner aktiven Beteiligung und Begeisterung immer wieder dafür einsetzt, dass der Bodenfruchtbarkeitsfonds vorwärts kommt. Vielen Dank dafür!

BSpiegelBraun

www.biolandhofbraun.de

Text von: Christopher Schümann

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Biolandhof Braun

Hofportrait: Familie Braun, Ackerbauern mit Leib, Seele und Geist bewirtschaften den Gemischtbetrieb in Freisingen in München. Sepp Braun hat ein grosses Ideenreichtum, wovon er schon einiges umsetzten konnte.

Der Biolandhof Braun liegt in Freising bei München. Die Familie Braun bewirtschaftet dort einen Gemischtbetrieb mit Kühen, Schweinen, Hühnern, Grünland, Wald und Ackerflächen, der sich seit 1988 an den organisch-biologischen Richtlinien von Bioland orientiert. Auf 17 ha Grünland wachsen Wiesenblumen und Kräuter zur Saatgutvermehrung sowie Kleegras für die Rinder. Auf den 38 ha Ackerland wird Getreide in Mischkultur und in einer 7-jährigen Fruchtfolge angebaut. Die Verwendung von Mischkulturen im Getreidebau hat verschiedene Gründe. Zum einen sorgen sie dafür, dass die Getreidekulturen weniger anfällig sind für Krankheiten, ausserdem beeinflussen sie die Nährwerte des Getreides positiv. Wenn Weizen wie bei Sepp Braun in einer lebendigen Pflanzengemeinschaft wachsen kann, ist zum Beispiel der Anteil an Salvestrolen um ein Vielfaches höher, wie Laboruntersuchungen gezeigt haben. Salvestrole, das haben Untersuchungen z.B. von Prof. Dan Burke ergeben, sind eine wirksame Antwort der Natur auf Krebs. Krebszellen sterben ab, wenn sie mit diesen Stoffen in Berührung kommen.

Sepp Braun sorgt dafür, dass seine Ackerflächen möglichst immer grün sind. Dadurch hat er kein Unkrautproblem mehr und brauchte seit 30 Jahren nicht mehr zu pflügen. Ein weiteres  Ergebnis dieser Form des Ackerbaus: Der Humusgehalt beträgt auf dem Acker 4,6% und liegt damit ähnlich hoch wie
auf den Wiesen (4,7%). Sepp Braun hat damit empirisch bewiesen, dass möglich ist, was viele bis heute für unmöglich halten: Man kann Ackerbau mit guten Erträgen betreiben und gleichzeitig Humus aufbauen, auch ohne Pestizide und künstlichen Stickstoffdünger. „In 30 Jahren haben wir auf unseren Äckern 3% Humus aufgebaut. Professor August Raggam hat ausgerechnet, dass wenn wir weltweit 2% mehr Humus aufbauen, dann hätten wir das CO2 aus der Luft komplett durch Humusaufbau
wieder im Boden gebunden. So einfach wäre das.“   

Sepp Braun ist davon überzeugt, dass er aufgrund seiner gewachsenen Erfahrung 3% Humus deutlich schneller aufbauen könnte, wenn er nochmal von vorn beginnen würde: „Inzwischen habe ich soviel dazugelernt, dass ich überzeugt bin, dass man 3% Humus auch in weniger als 30 Jahren aufbauen kann.“

Sepp Braun hat viele Ideen. Er spricht begeistert darüber und setzt sie ebenso begeistert um.

DSCN5899 Anna

So ist in den letzten 30 Jahren ein wertvoller Erfahrungsschatz entstanden, den er gern mit Fachkollegen teilt. Aber was macht den Mann aus, der sich so engagiert und leidenschaftlich für die Weiterentwicklung des nachhaltigen Landbaus einsetzt, sich immer wieder neue Fragen stellt und über den Tellerrand des eigenen Hofes hinausblickt und denkt?

Sepp Braun ist ein religiöser Mann. Aus seinem christlichen Hintergrund heraus lebt er im Bewusstsein, täglich mit der Schöpfung umzugehen. Deshalb ist ihm z.B. auch das Wohl der Tiere sehr wichtig. Er nennt sie Mitgeschöpfe und fordert von uns Menschen, dass wir uns für ihr Wesen interessieren, dass wir wesensgemäss mit ihnen umgehen, dass wir ihnen einen Lebensraum ermöglichen, der ihnen entspricht. Seine Kuhherde besteht aus 22 Milchkühen, einem Zuchtbullen und der Nachzucht. Was bedeutet es denn konkret, wesensgemäss mit Kühen umzugehen? Das beginnt für Sepp Braun mit der Ernährung.

Die Kühe bekommen ausschliesslich Heu und Gras vom Hof und Wasser. Das ist diejenige Nahrung, die sie von sich aus fressen würden. Auch die Schweine und Hühner fressen nur das, was auf dem Hof wächst und gedeiht. Der Hoforganismus ist also ein relativ geschlossener Kreislauf. Bei einer landwirtschaftlichen Praxis dieser Art kann sich schnell die Frage stellen, ob das wirtschaftlich tragfähig ist. Sepp Braun kann aus langjähriger praktischer Erfahrung sagen: „Kälberkrankheiten kennen wir schon seit über 20 Jahren nicht mehr. Das führt natürlich zu geringeren Kosten.“ Warum sind die Kälber so gesund?

DSCN5894 AnnaDie Kälber bleiben die ersten zwei Wochen bei der Mutter und kommen danach in einen speziellen Laufstall. „Drei bis vier Kälber, die wir zur Bestandsergänzung benötigen, kommen zu einer Ammenkuh, bei der sie das erste Jahr über bleiben dürfen“, so Sepp Braun. Auf diese Weise kann sich ihr Immunsystem gesund entwickeln. Die Schweine leben mit den Kühen zusammen im Kuhstall. Sie wirken vergnügt und neugierig und scheinen sich in der Umgebung ihrer deutlich grösseren und Hörner tragenden Mitbewohner sehr wohl zu fühlen. Oft spielen sie mit den Kälbern. Mit Begeisterung durchwühlen sie die Kuhfladen-Stroh-Mischung. „Schweine sollten ab und zu mal einen Kuhfladen fressen können, damit sie gesund bleiben“, meint
Sepp Braun. Auch dies ein Gedanke, der praktisch angewendet durchaus hilft, Kosten zu sparen.
Kühe und Schweine in einem Stall zu halten ist sehr ungewöhnlich, aber aus verschiedenen Gründen sinnvoll – auch aus wirtschaftlichen. Denn die Bau-
und Unterhaltskosten für einen eigenen
Schweinestall und die permanenten Kosten für das Ausmisten, all das fällt hier weg. Also auch diese Massnahme hilft Kosten zu senken. Letztlich träumt Sepp Braun von einem Stall, in dem Kühe, Schweine und Hühner zusammen gehalten werden können und der sich auch architektonisch noch viel stärker am Tierwohl orientiert. Die Fleischqualität der Kühe, Schweine und Hühner ist derart hoch, dass die Kunden dafür Preise zu zahlen bereit sind, die dieser Wirtschaftsweise entsprechen. Die Kunden verstehen, dass sich diese Art der Bewirtschaftung stark von konventioneller Landwirtschaft unterscheidet und die Produktqualität ungleich höher ist. Das Fleisch wird ausschliesslich über Direktvermarktung verkauft. Die Brauns betreiben zu diesem Zweck einen kleinen Bioladen in München. Können sich nur bessergestellte Verbraucher seine Produkte leisten? Sepp Braun beantwortet diese Frage klar mit nein. Der Kundenstamm ist in finanzieller Hinsicht durchwachsen.

Sepp Braun orientiert sich bei der Bodenentwicklung an bodenphysikalischen, bodenchemischen und  bodenbiologischen Gesichtspunkten. Der in der Wissenschaft oftmals geforderte interdisziplinäre Dialog wird bei ihm in der bäuerlichen Praxis praktisch angewendet. Der gute Zustand seiner Böden zeigt empirisch, dass sich Physik, Chemie und Biologie erfolgreich ergänzen können. Eine einseitig chemische Sichtweise hat im konventionellen Landbau die weit verbreitete Überzeugung entstehen lassen, man müsse durch künstliche Stickstoffdüngung die Pflanzen ernähren, um ausreichend Erträge erzielen zu können. Sepp Braun geht aus einem grundlegend anderen Verständnis heraus einen ganz anderen Weg:

„Die Pflanzenernährung wird über einen hochaktiven lebendigen Boden sichergestellt. Das bedeutet, wir ernähren nicht die Pflanzen, sondern füttern das Bodenleben“,

so Sepp Braun.

Um den Ernährungswünschen seiner Bodenbewohner, zu denen neben Würmern auch Asseln, Milben, Insekten, Mikroorganismen, Pilze, Algen u.a. gehören, bestmöglich entsprechen zu können, hat er zusammen mit seiner Tochter eine spezielle Kleegrasmischung entwickelt. Es ist der Versuch, eine Bergwiese nachzuahmen, das heisst durch die Vielfalt von Pflanzen, insbesondere auch von Heilpflanzen, die Gesundheit der Kühe zu steigern und gleichzeitig den Würmern zu geben, was sie gern haben. Die extrem hohe Regenwurmdichte von 300 Stück pro qm sowie die gute Gesundheit der Kühe beweist, dass die Brauns hierbei auf dem richtigen Weg sind.

Die fleissige Mithilfe der Erdreichbewohner ist aber noch aus einem anderen Grund sehr wichtig. Denn je lebendiger ein Boden ist, umso mehr Wasser kann er aufnehmen. Auf seinen Böden hat Sepp Braun in einem Versuch einmal 150 Liter Wasser in einer Stunde auf einem qm versickern lassen. Im Landkreis Passau sind vor einigen Jahren 170 Liter Wasser in einer Woche auf einem qm niedergegangen.

„… Wenn wir 2% Humus aufbauen und das auf allen Äckern der Erde gemacht wird,
dann hätten wir das CO2 aus der Luft
komplett durch Humusaufbau wieder im Boden gebunden …“

Die durch unsachgemässe Landwirtschaft verdichteten und zerstörten Böden im Landkreis Passau konnten auch in einer Woche nicht dieselbe Menge an Wasser aufnehmen, die Sepp Brauns Böden in etwas über einer Stunde aufnehmen können. Das hatte Folgen. Die Überschwemmungen in der Region verursachten Schäden in Höhe von 3 Mrd. Euro. Immer deutlicher zeigt sich ihm an solchen Beispielen, dass sich die Menschheit eine Landwirtschaft, die Böden zerstört, nicht mehr leisten kann, weil die Folgekosten einfach zu hoch sind. Abgesehen davon ist es gegenüber nachfolgenden Generationen unverantwortlich, die Böden derart zu versiegeln, dass die Grundwasservorräte nicht mehr aufgefüllt werden können.

Wer Sepp Braun zuhört, wird die Ernsthaftigkeit, mit der er seine Überlegungen vorträgt, kaum übersehen können.

Das Verantwortungsgefühl gegenüber der Schöpfung, aber auch gegenüber nachfolgenden Generationen scheint sein ständiger Begleiter zu sein. Ansteckend ist aber vor allem die Begeisterung, die sich bei ihm einstellt, wenn er der Natur in ihren weisheitsvollen Zusammenhängen wieder an einem Punkt auf die Spur gekommen ist und sich sofort fragt: „Was kann das für mich in meiner bäuerlichen Tätigkeit bedeuten und was bedeutet es für das grosse Ganze, in dem wir als Menschen leben?“

 MG 5525 Anna

Das Ineinanderwirken der verschiedenen Lebewesen und Organismen in der Natur ist komplex und nicht leicht zu durchschauen. Gras und Heu; das Futter für seine Kühe wird für Sepp Braun zum Ausgangspunkt, den Zusammenhang mit der Klimaerwärmung, den Nährstoffgehalten von Milch, der Gesundheit von Menschen bis hin zu deren Heizverhalten zu beleuchten: „Wenn man das Lebensalter der Milchkuhherde um ein Jahr verlängert, was in Deutschland kein Problem wäre, denn die Milchkühe werden hierzulande durchschnittlich mit 4,5 Jahren geschlachtet, was eigentlich ein Skandal ist, dann braucht man natürlich weniger Tiere für die Nachzucht. Was bedeutet das für das Klima? Pro Liter Milch würden dann 20% weniger Methan in die Atmosphäre steigen. Das geht aber noch weiter: An der ETH Zürich und in den USA laufen derzeit Fütterungsversuche, die beweisen, dass wenn man die Kühe wieder mit kräuterreichem Heu, also mit tanninhaltigen Futtermitteln ernährt, die Tannine dann dafür sorgen, dass die Methangasfüllung im Pansen noch einmal um 50% reduziert werden kann. Damit wird die Kuh vom Klimakiller zum Klimaschützer, weil wir dann nicht nur deutlich weniger Methangasausstoss haben, sondern statt auf dem Acker Mais oder Soya anzubauen jetzt Gras und Kräuter haben und somit über die Photosyntheseleistungen verstärkt Humus aufbauen können, wodurch CO2 aus der Atmosphäre im Boden gebunden wird. Wenn man die allein hier liegende Möglichkeit, das hier liegende Potenzial zum weltweiten Klimaschutz hochrechnet, kommt man zu dem Ergebnis, dass auf diese Weise schon ein Grossteil des die Klimaerwärmung verursachenden Kohlenstoffs wieder aus der Atmosphäre geholt und stabil im Boden gebunden werden kann. Aber das geht noch weiter. Die Milch von unseren Kühen, die nur Heu und Gras bekommen, haben wir untersuchen lassen. Sie weist einen Omega-3-Fettsäuregehalt auf, der um den Faktor 6 höher ist als in der konventionell erzeugten Milch. Prof. Jahreis aus Jena hat hochgerechnet, dass wenn alle Kühe diese ihnen wesensgemässe Ernährung geniessen könnten, dann würden ihre Milch und Milchprodukte in der menschlichen Ernährung wieder dafür sorgen können, dass die Herz-Kreislauferkrankungen signifikant zurückgehen. Eine vollwertige Ernährung mit diesen ungesättigten Fettsäuren führt ausserdem dazu, dass unser Temperaturempfinden sich verändert, und zwar so bedeutend, dass wir im Winter die Heizung um 2 Grad nach unten drehen könnten ohne das Gefühl zu haben, dass wir frieren. Das können mir besonders Frauen oft nicht glauben. Aber der Effekt wäre durchaus zu beobachten, sodass wir auf diesem Weg 15% Heizenergie einsparen könnten, nur weil wir Landwirtschaft anders machen“.

„Die Pflanzenernährung wird über einen hochaktiven lebendigen Boden sichergestellt.
Das bedeutet, wir ernähren nicht die Pflanzen, sondern füttern das Bodenleben“

Sepp Braun hat auf seinen Flächen in den letzten Jahren 50 000 Bäume gepflanzt. Auch diese Aktion hat gleich mehrere positive Effekte. Die Bäume liefern den Rohstoff für seine Holzvergasungsanlage, die den Hof mit Energie versorgt. Als Abfallprodukt entsteht Holzkohle, die auf den Feldern verteilt wird. Durch das Einarbeiten von Pflanzenkohle in den Boden kann zusätzlich CO2 langfristig im Boden gebunden werden, was dem Klimaschutz dient. Ausserdem erhöht sich durch die Pflanzenkohle im Boden die Wasserhaltekapazität signifikant, was in Zeiten häufiger auftretender Dürreperioden dabei hilft, die Ernteerträge zu sichern.

Was leisten die 50 000 gepflanzten Bäume sonst noch? Die Baumstreifen teilen die grösseren Flächen in kleinere Parzellen und bieten so einen Wind- und Erosionsschutz für die Ackerkulturen und düngen ihn in der kalten Jahreszeit mit ihrem Laub.

Darüber hinaus sind mit den Bäumen auch die Greifvögel auf die Felder von Sepp Braun zurückgekehrt, wodurch seither keine Probleme mit Mäusen mehr aufgetreten sind. Wenn man Sepp Braun zuhört, beleuchten seine Gedanken die grossen, globalen Zusammenhänge und kehren dann aber auch wieder zurück, um die regionalen Bezüge zu beleuchten: „Wenn wir unsere Landschaften wieder so gestalten, dass wir Ackerflächen mit Bäumen und Sträuchern vernetzen, dann wird sich auch wieder ein besseres regionales Klima entwickeln. Wasserforscher haben herausgefunden, dass eine gute Vernetzung dazu führt, dass das Wasser dann stärker in kleineren regionalen Kreisläufen zirkuliert, also in der Region bleibt und weniger stark in in den überregionalen und globalen Kreisläufen aufgeht, wo es sich, wie wir in den letzten Jahren verstärkt beobachten konnten, oft zu Naturgewalten zusammenballt, die sich in Naturkatastrophen entladen.

Die Trennung von Waldwirtschaft, Ackerbau und Gartenbau, die unsere Landschaften in den letzten Jahrzehnten stark geprägt hat, hält Sepp Braun für einen Irrweg, den wir schnellstens korrigieren sollten.

Viele Gründe sprechen für Sepp Braun dafür, dass die Zukunft der Landwirtschaft in Agroforst- und Permakultursystemen liegt, in einer Landwirtschaft, die mit der Natur arbeitet und nicht gegen sie.

Wir wünschen der Familie Braun viel Erfolg für die Zukunft und Sepp Braun, dass er noch viele seiner Ideen umsetzen kann und hierfür die nötige Unterstützung findet. Wir freuen uns darüber, dass sich Sepp Braun mit seiner Innovationskraft, seiner aktiven Beteiligung und Begeisterung immer wieder dafür einsetzt, dass der Bodenfruchtbarkeitsfonds vorwärts kommt. Vielen Dank dafür!

BSpiegelBraun

www.biolandhofbraun.de

Text von: Christopher Schümann

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